Bluesakkordfolgen am Klavier
Ein Musikinstrument spielen | Klavier

Akkorde für Blues am Klavier: Mit einfachen 8‑Takt-Akkordfolgen zur erfolgreichen Bluesimprovisation

14. Mai 2021

Du möchtest Blues am Klavier spielen? Mit ein paar wenigen Akkorden ist das ganz einfach möglich. Anhand von konkreten Bluessongs stelle ich dir zwei achttaktige Akkordfolgen vor, mit denen du auch abseits vom gut bekannten zwölftaktigen Bluesschema Bluesimprovisation lernen und weiterentwickeln kannst.

Das 12-Takt-Bluesschema, der Klassiker!

Wenn es unter Musikern spontan heißt, „Lasst uns einen Blues in F‑Dur spielen!“, dann ist damit das 12-Takt-Bluesschema gemeint. Dieses Akkordschema findet aber nicht nur im Blues Anwendung, sondern auch in zahlreichen anderen Musikrichtungen von Rockabilly bis Pop.

In aller Kürze sieht das 12-Takt-Bluesschema so aus:
| I | I | I | I |
| IV | IV | I | I |
| V | IV | I | V7:|

12 Takte bestehend aus Tonika (I), Subdominante (IV) und Dominante (V). Ausführlicher findest du das hier, wobei in diesem Beispiel eine Variation am Ende für den Turnaround enthalten ist.

Varianten des 12-Takt-Bluesschemas: Vierklänge, Quick Change, Turnaround

Das Akkordschema kann durch viele verschiedene, größere und kleinere Variationen abgeändert, bereichert und weiterentwickelt werden. Beispielsweise können Dreiklänge ganz oft zu Septakkorden ergänzt werden. Oder du fügst immer wieder Sexten hinzu.

Im zweiten Takt wird die Tonika häufig durch die Subdominante ersetzt, was als Quick Change bezeichnet wird. Du findest den Quick Change beispielsweise im bekannten und wunderschönen Song St. Louis Blues.

Auch der Turnaround am Ende kann unterschiedlich gestaltet werden und sich über einen oder zwei Takte erstrecken. Das erkläre ich dir weiter unten im Artikel genauer.

Aber ganz egal, was du veränderst, hinzufügst oder weglässt – das Grundschema der 12 Takte bleibt stets vorhanden. Es sind IMMER 12 Takte. Sonst ist es kein 12-Takt-Bluesschema. Eigentlich logisch, oder?

Bluesschema aus 8 Takten

Wer jetzt allerdings meint, ein Blues besteht immer aus 12 Takten, der irrt sich gewaltig! Mindestens genauso häufig, vermutlich sogar deutlich häufiger, besteht ein Bluessong aus einem Schema mit 8 Takten, die sich stets wiederholen. Nein, eine Statistik zur Häufigkeit der Akkordschemata ist mir nicht bekannt. Aber du kannst ja selbst einmal zuhören, auf die Takte aufpassen und dir einen Überblick verschaffen.

8 Takte sind unsere Ohren meist sogar besser gewohnt, was dir beim Spielen definitiv entgegenkommt. Außerdem musst du dir nur Akkorde für 8 Takte merken. Statt ganze 12. Klingt gut, oder? Wir sollten uns also 8‑Takt-Schemata einmal genauer ansehen.

Blues am Klavier spielen mit Beispielsongs für Improvisation

Blues spielen mit Bluesfeeling

Eines noch vorneweg: Nicht allein die Akkordfolge macht einen Song zu einem Blues. Wichtig sind ein charakteristisch bluesiger Rhythmus, die Melodie, schräge Töne, typische Gestaltungsmittel wie Slides und vieles mehr. Wie du einen bluestypischen Spielstil entwickelst, erkläre ich ausführlich in einem anderen Artikel.

Aber am Anfang davon steht für ein Harmonieinstrument wie Klavier, Akkordeon, Gitarre oder Melodica das Akkordschema! Darauf aufbauend kannst du einen Blues kreieren, der unter die Haut geht.

Bereit?

Beispiele für 8‑Takt-Akkordschemata in Bluessongs

Ich möchte dir zwei 8‑Takt-Akkordschemata vorstellen, die sich großartig für einen Blues eignen. Das Praktische an den beiden Akkordfolgen ist, dass sie sich nur in der ersten Hälfte unterscheiden. Genau genommen sogar nur in Takt 2 und 3.

Die zweite Hälfte ist ein ganz normaler, typischer Abschluss mit Überleitung zur nächsten Runde und ist nicht nur bei den beiden von mir gewählten Songs gleich. Auch ganz viele andere gehen so oder so ähnlich zu Ende. Jetzt aber zu den konkreten Songs.

Beispiel 1: 8‑Takt-Akkordschema How Long Blues

Als erstes stelle ich dir ein Akkordschema aus 8 Takten vor, wie es im Song How Long Blues in folgender Aufnahme von Jools Holland am Piano zu hören ist:

Akkordschema 8‑Takt-Blues How Long Blues:

| I | I7 | IV7 | I |

| I | V7 | I IV7 | I V7:|

Für F‑Dur wären das dann die folgenden Akkorde:

| F | F(7)/E♭ | B♭7 | F |

| F | C7 | F B♭7 | F C7:|

Das ganze Akkordschema besteht lediglich aus Tonika, Dominante und Subdominante. Der Septakkord im zweiten Takt erzeugt eine reizvolle Steigerung und Überleitung zur Subdominante in Takt 3. Dabei klingt es sehr gut, die Septime auf der Klaviatur im Bass zu greifen.

Auch wenn das Akkordsymbol dafür auf den ersten Blick etwas kompliziert aussieht, ist es also gar keine große Sache. Die Septime ist lediglich ein kleiner Zusatz, aber mit großer Wirkung! Eine enorme Bereicherung gerade für Bluessongs im Stil des betrachteten Beispielsongs.

Beispiel 2: 8‑Takt-Blues Tain’t Nobody’s Biz’ness if I do

Und ich habe noch ein zweites 8‑Takt-Akkordschema für dich, das sich ebenso hervorragend für einen Blues eignet. Darauf beruht der Song Tain’t Nobody’s Biz’ness if I do. Die folgende Aufnahme von Jay McShann ist ein wunderbares Beispiel für einen genussvollen langsamen Blues:

Akkordschema 8‑Takt-Blues Tain’t Nobody’s Biz’ness if I do:

| I | III7 | IV | I |

| I | V7 | I IV7 | I V7:|

Für G‑Dur wie in der Aufnahme hast du dann folgende Akkorde:

| G | H7 | C | G |

| G | D7 | G C7 | G D7:|

Die Spannung in dieser Akkordfolge wird im zweiten Takt mit der dritten Stufe erzeugt. Die Harmonien in Takt 2 und 3 charakterisieren die Akkordfolge. Den Rest kennst du schon aus dem ersten Beispiel. Eine solche Ähnlichkeit ist gerade im Blues kein großer Zufall.

Die beiden Beispiellieder sind nur zwei aus einer riesigen Fülle an Songs, die sich an genau dem gleichen oder einem ganz ähnlichen Akkordschema bedienen.

Songaufbau bei 8‑Takt-Bluesschemata

Die 8 Takte werden in der Regel stets wiederholt. Oft für den ganzen Song. Ohne Unterteilung in Verse und Chorus.  Auch bei den beiden Beispielsongs ist das so.

Das macht das Improvisieren besonders einfach. Auch beim völlig spontanen Spielen bei Jam Sessions kommt dir das sehr entgegen. Denn nach spätestens 8 Takten kennst du den ganzen Song!

Die ersten vier Takte einer 8‑Takt-Akkordfolge

Das Akkordschema ist wie eine Erzählung oder ein Gespräch aufgebaut. Im ersten Teil wird ein Sachverhalt geschildert, eine Frage gestellt oder auf eine Problematik hingewiesen. Der erste Part baut Spannung auf und fordert somit eine Antwort oder Erklärung.

Die zweiten vier Takte einer 8‑Takt-Akkordfolge

In der zweiten Hälfte des Akkordschemas folgt die Antwort. Es ist zunächst der erklärende, beschwichtigende Part. Die Spannung wird herausgenommen. Erst ganz am Ende erfolgt mit dem Turnaround wieder ein Spannungsaufbau. Es ist wie eine Nachfrage anzusehen, die den ersten Part dazu bringt, wieder loszulegen.

Bluesakkordfolgen am Klavier: Beispiel F-Dur

Turnaround in Bluesakkordfolgen

Der Turnaround befindet sich zwar ganz am Ende einer Akkordfolge, nimmt aber eine zentrale Rolle in einem Song ein. Er ist sozusagen der Motor, der die Geschichte oder das Gespräch antreibt und stets für eine neue Runde sorgt. Fällt er weg, wird das Ende des Songs erwartet. Das betrifft das 12-Takt-Bluesschema genauso wie 8‑Takt-Akkordfolgen.

Der Turnaround kann in vielen verschiedenen Varianten gespielt werden. Zwei einfache Turnarounds, die im Grunde immer passen, stelle ich dir im Folgenden kurz vor.

Ziel des Turnarounds ist allgemein, am Ende zum Dominantseptakkord (V7) zu gelangen. Dieser leitet zur Tonika über und verlangt einen Start von vorn.

Einfacher eintaktiger Turnaround

Es geht ganz simpel, indem du einfach im letzten Takt den Dominantseptakkord spielst. Für den ganzen letzten Takt oder auch nur für die Schläge 3 und 4 dieses Taktes. Die Akkorde in den letzten beiden Takten sehen dann so aus:

| I | V7 | oder

| I | I V7 |

In F‑Dur:

| F | C7 | oder

| F | F C7 |

Beim 8‑Takt-Bluesschema wären das also die Takte 7 und 8. Beim 12-Takt-Bluesschema die Takte 11 und 12. Zum besseren Überblick und Vergleich mit einem zweitaktigen Turnaround habe ich den letzten und vorletzten Takt aufgeschrieben. Der eigentliche Turnaround findet allerdings erst mit dem Dominantseptakkord im allerletzten Takt statt. Deshalb eintaktiger Turnaround.

Es ist der einfachste Turnaround, den du auf jeden Fall auf Lager haben solltest. Denn du kannst ihn im Grunde immer verwenden. Insbesondere ist er dann super geeignet, wenn du eine Vereinfachung brauchst oder du es für einen konkreten Song weniger schnörkelig, dafür direkter magst. Bei schnelleren Tempi ist diese Variante außerdem sehr zu empfehlen, da ein Turnaround mit häufigeren Akkordwechseln (wie im folgenden zweiten Beispiel) dann viel zu gehetzt wirkt.

Die beiden beschriebenen Akkordfolgen verwenden einen zweitaktigen Turnaround, wie er in langsamen Bluessongs gut zur Geltung kommt. Nichtsdestotrotz könntest du die beiden letzten Takte auch mit der einfachen Variante ersetzen. Probiere es einfach mal aus.

Zweitaktiger Turnaround im Blues

Der Turnaround kann auch mehrere Akkordwechsel beinhalten und sich über zwei Takte erstrecken. Die Überleitung in die neue Runde wird dadurch frühzeitig angedeutet und ausgekostet. Dieser Turnaround kann zu einem wahren Höhepunkt des Songs ausgestaltet werden.

Gerade für langsameren Blues eignet sich ein zweitaktiger Turnaround wahnsinnig gut. Da hast du viel Zeit, um die zusätzlichen Akkordwechsel zu genießen und damit zu spielen.

Und weil die folgende Variante einfach so wunderbar ist, findest du sie auch in zahlreichen Bluessongs wieder:

| I IV7 | I V7 |

In F‑Dur als Beispiel:

| F B♭7 | F C7 |

Schon im vorletzten Takt wird die Überleitung vorbereitet. Durch die häufigeren Akkordwechsel wird mit dem Spannungsaufbau etwas gespielt, bevor der Dominantseptakkord erreicht wird und ein eindeutiges Signal zur Überleitung in die neue Runde gibt.

Dieser Turnaround wird auch in den beiden Beispielsongs verwendet. Höre dir die Songs am besten noch einmal an und pass auf, wie der Turnaround klingt.

Bluespiano mit 8-Takt-Akkordschemata

Improvisieren über 8‑Takt-Bluesakkordfolgen am Klavier

Die beiden vorgestellten Songs mit ihren Akkordfolgen kannst du hervorragend als Grundlage für Bluesimprovisationen am Klavier nutzen. Spiele zunächst die Songs mit ihrer Melodie oder einer Variation davon nach. Vielleicht magst du zu deiner Begleitung auch summen oder singen.

Ein konkreter Song im Ohr ist oft äußerst hilfreich. Denn du kannst dich davon inspirieren lassen. Meistens fällt es leichter, davon ausgehend in die Improvisation zu starten.

Sobald du die Akkordfolge in den Fingern und im Ohr hast, ist Improvisieren in Endlosschleife angesagt. Eigene Melodien und deine persönlichen Akzente in Bass und Begleitung. Einmal zart mit höheren Tönen. Dann wieder kräftig in der mittleren Lage mit starker Bassunterstützung.

Welche Töne passen besonders gut? Wie kannst du akkord- und tonartfremde Töne in Begleitung und Melodie für dich nutzen? Wie lässt sich der Rhythmus spannend gestalten? Mit einem Harmonieinstrument wie dem Klavier hast du einen riesigen Spielraum zur Songgestaltung, den du unbedingt austesten solltest.

Spiele mit der Vielzahl an Möglichkeiten zur musikalischen Gestaltung. Bringe deine Kreativität zu Gehör und experimentiere mutig! Probiere meine Tipps aus und teste deine eigenen Ideen. Eine Runde nach der anderen. Unpassende Töne bringen dir ebenso neue Erkenntnisse wie exzellent getroffene.

Das Sammeln von Erfahrungen ist beim Improvisieren Pflicht. Ausdauernde Wiederholungen geben dir zahlreiche Chancen für Tests. Und ganz nebenbei wird die Akkordfolge deinen Ohren und Fingern bestens geläufig und verselbstständigt sich schließlich auf wundersame Art und Weise. Zum intensiven Hör- und Spielgenuss deiner eigenen Performance ist es dann nicht mehr weit.

Ich persönlich genieße es auch ganz besonders, zu meiner Klavierbegleitung zu singen. Warum, das erzähle ich dir in diesem Artikel.

Falls du dein Klavierspiel nach Akkorden mit einem Onlinekurs weiterentwickeln möchtest, schau dir meinen Artikel zu Freiklavierspielen an.
👉 Weiterlesen: Tipps für einen kreativen Bluesstil am Klavier

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