Noten vom Blatt spielen lernen
Ein Musikinstrument spielen | Fähigkeiten

Noten vom Blatt spielen: Werde flexibler und spontaner

1. Juli 2017

Noten hinstellen und los geht’s. Leider ist das für viele nur ein Traum. Und nicht nur für Anfänger! Du kannst nur etwas spielen, wenn du es ausgiebig geübt hast. Aber auch vom Blatt spielen lässt sich trainieren! Du musst es einfach immer wieder tun. Und es wird dir helfen, wenn du ein paar Dinge beachtest.

Du möchtest ein Stück spielen, auf das du jetzt gerade Lust hast? Ganz spontan? Nicht nur das, was du seit Wochen übst? Lerne, besser vom Blatt zu spielen!

Es ist zugegeben am Anfang nicht leicht. Und auf dem Klavier noch viel schwieriger als beispielsweise auf einem Blasinstrument, mit dem du „nur“ eine Melodie spielst. Aber es ist auch kein Hexenwerk, sondern Übungssache. In diesem Artikel gebe ich dir Tipps, wie du besser Noten spontan vom Blatt spielst.

Den Ansporn für das vom Blatt Spielen hat mir meine Klavierlehrerin gegeben, die ich für ihr exzellentes vom Blatt Spielen sehr bewundere. Sie hat mein vom Blatt Spielen gefördert, indem ich jede Woche ein neues Stück zu Hause ein- bis zweimal durchspielen sollte. Dann habe ich es im Unterricht gespielt. Wenn das Stück im Groben, eben vom Blatt, okay war, wurde es abgehakt.

Diesen Ansporn und die Ratschläge, die ich selbst bekommen habe, möchte ich in diesem Artikel gerne mit dir teilen.

Auswahl von Noten für das Vom-Blatt-Spiel

Für das vom Blatt Spielen suchst du dir Stücke, die nicht zu schwer sind. Am spannendsten ist das vom Blatt Spielen natürlich bei einem völlig unbekannten Stück. Um es für dich leichter zu machen, kannst du aber auch für den Anfang ein Stück nehmen, das du schon vom Hören her (ein bisschen) kennst.

Du kannst auch überlegen, was du vor ein paar Jahren geübt hast und welchem Schwierigkeitsgrad das entsprochen hat. Oder wenn du erst seit ein paar Monaten spielst, was du ganz am Anfang gespielt hast. Such dir für den Anfang etwas Leichtes. Aber denk auch dran, dass du eine kleine Herausforderung brauchst! So wirst du auch die besten Fortschritte beim vom Blatt Spielen machen.

Falls du keinen Plan hast, welches Stück du nehmen sollst, dann nimm irgendwas. Das Wichtigste ist hier wie immer: Trau dich, probier es aus! Und du wirst sehr schnell merken, ob du was Leichteres oder Schwereres brauchst oder ob es passt.

Ich habe beispielsweise auf dem Klavier das Buch Romantic Pop Piano (*) von Hans-Günter Heumann vom Blatt durchgespielt. Das Notenbuch kann ich allen empfehlen, die nicht nur Klassik spielen wollen. Das Buch enthält bekannte Stücke wie Let it be oder Bridge over troubled water, aber auch Eigenkompositionen von Hans-Günter Heumann. Ein schöne Mischung also, um das Vom-Blatt-Spiel zu üben. Die Stücke sind einfach arrangiert, aber trotzdem nicht langweilig, sodass ich das Buch bis heute immer wieder gerne aufschlage.

Bevor du loslegst: Schau die Noten an

Grundsätzlich rate ich dir, das Stück kurz anzuschauen, bevor du anfängst zu spielen. Das wird dir sehr helfen. Achte besonders auf folgende Punkte:

Am Anfang der ersten Notenzeile:

  • Taktart
  • Vorzeichen

 
Innerhalb des Stückes bis zum Ende:

  • Änderungen in Taktart oder Vorzeichen
  • Wiederholungen, auch in Verbindung mit Klammern, Da Capo, Coda etc.
  • Weitere Vorzeichen bei einzelnen Noten

 
noten-dal-segno-al-Coda

Damit verschaffst du dir einen Überblick und kannst dich nun auf das Spielen der Noten konzentrieren.

Kleiner Exkurs:

Taktarten und Vorzeichen für Anfänger

Taktart

Wenn du anfängst, vom Blatt zu spielen, empfehlen sich erstmal Taktarten, die du gut gewohnt bist. In der Regel werden das 4/4 und 3/4‑Takte sein, bald evtl. auch 6/8. Andere Taktarten, z. B. 12/8, 5/4 oder auch 2/2 sind meist schwieriger oder einfach nur ungewohnter. Deshalb würde ich damit erst weitermachen, wenn du neue Herausforderungen suchst.

Vorzeichen

Für den Anfang solltest du die Zahl der Vorzeichen so wählen, dass es dir leicht fällt und du dafür nicht zu viel Konzentration brauchst. Kein oder nur ein Vorzeichen sind völlig in Ordnung und ausreichend. Natürlich mit der Option zur Steigerung. Wichtig ist nur, dass du weißt, welche Vorzeichen du spielen musst.

Für die Kreuze hast du folgende Reihe: fis, cis, gis, dis, ais, eis, his

Für die B‑Vorzeichen diese Reihenfolge: b, es, as, des, ges, ces, fes

Falls du die Reihen noch nicht auswendig kennst, dann sage sie dir immer wieder vor. Verinnerliche sie! Dann kannst du durch Abzählen in der jeweiligen Reihe schnell deine Vorzeichen ermitteln.

Bei 4 Kreuzen gehst du also in der Kreuz-Reihe bis zum vierten Vorzeichen (dis) und spielst fis, cis, gis und dis.

Spieltipps für Vorzeichen

Jetzt weißt du, WELCHE Vorzeichen du spielen musst. Weißt du deshalb auch schon automatisch, WIE du sie spielst? Falls nicht, gehe die jeweiligen Noten durch, die durch Vorzeichen erhöht oder erniedrigt werden. Mach dir klar, welche Griffe oder Tasten du vorzeichenbedingt brauchst.

Am Klavier macht es Sinn, wenn du dir anschaust, welche schwarzen Tasten du zu spielen hast. Oder bei sehr vielen Vorzeichen, welche weißen Tasten eigentlich übrig bleiben.

Auf einem Blasinstrument kannst du die durch Vorzeichen bedingten Griffe durchgehen. Werde dir auch bewusst, dass die Vorzeichen für die entsprechenden Noten in allen Oktaven gelten! Mach dir klar, wie die Note geschrieben aussieht und welchen Griff du dafür brauchst.

Leg los

Und dann fang einfach einmal an. Spiele nicht zu schnell. So wie es für dich angenehm ist. Du darfst beim vom Blatt Spielen den Zählimpuls vernachlässigen. Warte, wenn du gerade nicht weiter weißt. Bessere Fehler nicht aus, sondern spiele darüber hinweg.

Wenn du es schaffst, den groben Überblick über die Takte mit den betonten und unbetonten Zeiten zu behalten, ist allein das schon sehr gut. Aber auch wenn das nicht immer klappt, lernst du etwas dabei. Denn du spielst immerhin noch die Tonhöhen der Noten, auch wenn die Notenlängen und der Rhythmus nicht mehr stimmen.

Sollte dein Experiment in Desorientierung enden, ist auch das nicht schlimm. Wenn du die Übung immer wieder machst, wird es dir mit der Zeit viel leichter fallen, vom Blatt zu spielen.

Für viele ist die Hemmschwelle groß, spontan loszulegen. Sich nicht von dem beirren zu lassen, was rauskommt. Dabei kann dir gar nichts passieren! Es kann durchaus sein, dass du irgendetwas Komisches zusammenspielst. Aber hey, das ist nicht schlimm. Nimm es mit Humor!

Was ich nicht alles auf meinem Klavier gespielt habe, einfach so, Augen auf und durch! Und es hat mich weitergebracht. Stück für Stück. Heute kann ich viel besser Noten vom Blatt spielen. Oder mir ein Stück relativ schnell erarbeiten.

Rhythmen kennenlernen für besseres vom Blatt Spiel

Rhythmen wiederholen sich und das ist dein Vorteil! Wenn du einmal verstanden hast, wie Triolen gespielt werden und vor allem verinnerlicht hast, wie sie sich anhören und welches Notenbild dazugehört, dann kannst du sie auch im nächsten Stück problemlos spielen. Genauso verinnerlichst du auch, wie sich ein Auftakt anhört oder wie du Synkopen spielst.

Wenn du bisher hauptsächlich Klassik gespielt hast, wird es dir vermutlich schwerfallen, Swing-Achtel zu spielen. Aber auch das kannst du ganz gezielt trainieren. Setze dich mit ein paar Swing-Stücken intensiver auseinander. Verinnerliche, wie Swing-Achtel im Vergleich zu geraden gespielt werden. Und so hast du wieder einen Stolperstein aus dem Weg geräumt.

Dann hast du auch Swing-Achtel in deinem Repertoire. Und du wirst sie auch bald wie selbstverständlich vom Blatt spielen. Es kommt also auch sehr darauf an, ob ein bestimmter Stil für dich völlig fremd ist oder ob du ihn gewohnt bist.

Verbessere dein Rhythmuslesen

Bei mir war es beim vom Blatt Spielen auf dem Klavier am Anfang so, dass ich zwar die Tonhöhen mit den Tasten schon ganz gut im Griff hatte. Aber der Rhythmus ist mir spontan vom Blatt sehr schwer gefallen.

Ohne Rhythmus fehlt sozusagen das Gerüst des Stückes, d. h. es ist schnell nicht mehr zu erkennen. Umgekehrt, wenn der Rhythmus richtig ist, aber immer wieder Tonhöhen falsch, bleibt das Stück aufgrund des charakteristischen Rhythmus trotzdem gut erkennbar.

Das wirst du auch merken, wenn du anfängst zu improvisieren. Wenn du den Rhythmus der Originalmelodie beibehältst, hört es sich noch sehr nach dem Original an. Selbst wenn du bei jeder Note die Tonhöhe änderst!

Wo hakt es bei dir? Wenn es bei dir ebenfalls der Rhythmus ist, dann schau dir die Noten an. Geh den Rhythmus im Kopf durch, gib ihn mit deiner Stimme wieder oder klopfe ihn. Dann kannst du dich ganz auf den Rhythmus konzentrieren.

Wenn du den Rhythmus verstanden hast, wirst du das Stück auch viel leichter auf deinem Musikinstrument spielen können. Mit der „Klopfübung“ kannst du für dich sehr gut überprüfen, welche rhythmischen Figuren du bereits automatisiert hast und welche dir noch schwerfallen.

Übrigens eignen sich Ragtimes sehr gut, um das Spielen von Synkopen zu verinnerlichen!

Konzentration beim vom Blatt Spielen

Vom Blatt spielen ist anstrengend, keine Frage. Es erfordert viel Konzentration. Viel mehr, als wenn du ein eingeübtes Stück spielst. Also spiele nicht zu lange am Stück vom Blatt. Sondern immer wieder einmal. Und mach rechtzeitig Pause oder entspanne dich mit einem bekannten Stück!

Mehr Freiheit und Flexibilität bei deiner Stückauswahl

Du wirst es langsam immer besser in den Griff bekommen, Noten spontan vom Blatt zu spielen. Das ist eine sehr schöne Erfahrung. Du merkst, wie du dich weiterentwickelst. Wie du Fortschritte machst.

Und du gewinnst mehr Freiheit bei der Auswahl deiner Stücke und Songs. Du bist flexibler. Du kannst viel leichter das spielen, worauf du jetzt im Moment so richtig Lust hast. Was zu deiner jetzigen Stimmung passt. Und gerade das tut so gut!

Wenn du es also satt hast, nur lang geübte Stücke spielen zu können und frischen Wind brauchst: Fang an spontan vom Blatt zu spielen! Mit der richtigen Einstellung wirst du selbst dann Spaß haben, wenn beim ersten Versuch das eigentliche Stück gar nicht wiederzuerkennen ist!

Was hilft dir beim spontanen Vom-Blatt-Spiel? Erzähl mir von deinen Erfahrungen im Kommentar!

Und vergiss nicht, deine Noten zusammenzukleben! Weitere, teils unkonventionelle und auf jeden Fall Spaß bringende Inspirationen für das Spielen eines Musikinstrumentes findest du hier.

Wenn du Klavierspieler bist, solltest du unbedingt meinen Artikel zum sechs- und achthändigen Klavierspiel lesen. Auch hier ist ein gutes Vom-Blatt-Spiel von Vorteil!

👉 Weiterlesen: Vorspielen: Ja oder nein?

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Kommentare

  1. Hallo Katharina,
    Ich wollte dich aufgrund des Artikels „Noten vom Blatt spielen: werde flexibler und spontaner“ fragen, auf welcher Literatur dieser Artikel basiert. Oder ob du Bücher benutzt hast, die dir beim Verfassen des Artikels geholfen haben. Würde mich sehr über eine Antwort freuen 🙂

  2. Danke für den Beitrag.

    Meine Tochter möchte Klavier spielen. Da ich kein Klavier spielen kann, möchte ich ihr zum Geburtstag Klavierunterricht schenken. In meiner Nähe habe ich einen Anbieter gefunden.

    LG
    Nadine

  3. Hallo Katharina,
    herzlichen Dank für Deinen Blog.
    So etwas Aufbauendes muss man lange suchen.
    Sicher kennst Du den Helbling-Verlag mit „Sim Sala sing“ und „Sing und Swing“ die vom Ziel her ähnlich liegen,
    Werner

  4. Hi,
    ich muss sagen, es stimmt schon Vieles, was du schreibst. Ich erkenne meinen Lernweg von damals (vor über 30 Jahren) wieder. Heutzutage gibt es allerdings auch alternative Wege, von denen ich bei Einem ganz besonders begeistert bin, nämlich meine neue Musikschule im Web. Ich habe dort Videolektionen, die auch das freie Spiel und das Backgroundwissen dazu vermitteln, insbesondere für die linke Hand. Ja, nach Noten spielen lernen ist immens wichtig, denn Noten sind die Schrift der Musik und das wird bei diesem Onlinekurs ebenfalls mehr als gut gelehrt, speziell im Bereich Keyboard. Doch ich bin auch froh, nun auch mal die „andere Seite“ kennen gelernt zu haben, sprich notenfreies Spiel. Ich kann daher nur empfehlen, auch mal über den Tellerrand hinaus zu schauen. Meine neue Schule ist die https://o‑key.de/ mit Nino, einem sehr lustigen Gesellen, der aber trotzdem in der Spur bleibt und alles gut rüber bringt. Vielleicht interessiert es ja wen. Ich möchte es jedenfalls nicht mehr missen. Aber ja, ich spiele nach wie vor nach Noten… aber eben nicht nur! LG Jens

    1. Hallo Jens,

      vielen Dank für deinen Kommentar! Auch zu freiem Klavierspiel und Improvisation gibt es Artikel auf meinem Blog. Lies dich gerne durch! Magst du vielleicht hier berichten, wie der Einstieg ins freie Klavierspiel in deinem Kurs erklärt wird? Es gibt hier ja viele grundlegend unterschiedliche Lehransätze und die allseits spannende und wohl nur sehr individuell beantwortbare Frage: Wie viel Theorie ist fürs Improvisieren erforderlich bzw. überhaupt förderlich?

      Liebe Grüße,
      Katharina

  5. Hi Katharina,
    gerne schreib ich dazu noch kurz was, denn meine Zeit ist heut mal wieder knapp. Das freie Spiel wurde alleine schon dadurch hervorgerufen, dass die Noten der anfangs sehr einfachen Stücke fehlen, bzw. nur optional downloadbar sind. Die linke Hand bekommt ausführlich mehrere Schemata erklärt, welche dann nach Akkordsymbolen angewandt werden. Ob und wie weit das gut für die Zukunft ist, kann ich auch nicht beurteilen, doch bei uns (Tochter & ich) hat das funktioniert. Später kamen dann auch Artikulationen und Dynamik dazu und dann aber auch massiv Noten. Allerdings wurden die Noten ja schon in den Leveln zuvor vorbereitet. Kann man sagen, dass das nur das Wichtigste an Theorie war, damit es für einen Erfolg ausreicht? Ich weis es nicht, glaube aber, dass der Kurs in seinen 5 Leveln allumfassend ist (eigentlich mehr für Keyboard), also letztlich irgendwann alle Musiktheorie dran kommt. Da man sich aber aussuchen kann, was man dran nimmt, ist das alles echt flexibel. Das macht Spaß, insbesondere dank den Spaßeinlagen in den Videos, also sehr abwechslungsreich und motivierend. Einfach supi!
    Besser kann ich das nicht umschreiben.
    LG
    Jens

  6. Hallo gut gesprochen. ich arbeite so ähnlich mit C Notationen für die Gitarre. Umsetzung von Notationen auf das jeweilige Instrument erfordert einiges an Übung und Kenntnissen . Die Notenwerte an sich rhythmisch korrekt zu lesen und auch zu spielen , sowie den Charakter des Stückes richtig umzusetzen erfordert schon eine Menge Geduld und Training. Notationen sind ja aus meiner Sicht eine Art Grundgerüst um ein Stück anzueignen . Die Interpretation und Ausgestaltung im Arrangement erfordert noch eine weiter Fähigkeit. Alleine die Ausgestaltung von Akkord Melodie Spiel erfordert schon einiges an Arbeit . Ich übe Jazz und artverwandten Musik . Kenntnisse in Akkordverbindungen und Harmonie Lehre sowie der Mut zu Improvisieren verhelfen doch zu Ergebnissen, die eine “ Lebendigere Musik“ entstehen lässt.

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