Heute stelle ich euch im Interview die fabelhafte Künstlerin Marliina vor. Mit ihrer großartigen Stimme, ihrem zauberhaften Klavierspiel und starken Eigenkompositionen entführt sie ihre Zuhörer in eine fantastische Traumwelt. Passend dazu fasziniert die ausgebildete Sängerin und Multiinstrumentalistin auch äußerlich mit ihren magentafarbenen Haaren, Federschmuck sowie Kriegsbemalung im Gesicht.
Marliina drückt sich selbst voll und ganz kreativ aus. Die vielseitige Künstlerin zeichnet außerdem leidenschaftlich gerne, hat Papageien zu Hause und widmet sich neben verschiedenen Musikprojekten auch dem Gesangs- und Instrumentalunterricht.
Marliinas Debütalbum From Another World
Marliina geht ihren ganz eigenen Weg und hat mich dadurch umso neugieriger gemacht. Kürzlich ist ihr Debütalbum From Another World erschienen. Es finden sich darauf Klavierinstrumentalstücke, bei den meisten ist aber ihre wundervolle Gesangsstimme zu hören.
Die Künstlerin beeindruckt mit ungewöhnlichen künstlerischen Projekten. Für das Musikvideo zum Song Moody ließ sie ein Klavier in einem alten Hallenbad versenken. Und so singt sie ihren Song ganz traumhaft und verblüffend wie eine wunderschöne Meerjungfrau am Klavier unter Wasser.
Marliinas Melodien und Harmonien mit unerwarteten Wendungen und Reibungen haben mich definitiv in ihren Bann gezogen. Wenn du ein paar Hintergründe zur Entstehung des Albums erfahren möchtest, lies das Interview in diesem Artikel! Hier kannst du außerdem in Marliinas Album From Another World direkt reinhören:
Musikerin Marliina im Interview
Ich wollte mehr über die kreative Musikerin wissen, die eine wundervolle Stimme und große Begabung für die Kreation zauberhafter Klänge hat. Und so habe ich ihr im Interview ein paar Fragen gestellt. Es freut mich sehr, dass Marliina sich Zeit genommen hat, uns einen ausführlichen Blick hinter die Kulissen ihres künstlerischen Schaffens zu geben.
Sie verrät uns im Interview, wie sie beim Komponieren vorgeht und wie sie beim Dreh unter Wasser Luft bekommen hat. Außerdem hat Sie einen echt guten und einfachen Tipp für alle, die singen und an ihrer Stimme arbeiten möchten.
Viel Spaß beim Lesen des Interviews mit der großartigen Marliina!
Welche Musikinstrumente kannst du spielen? Erzählst du uns von deinem musikalischen Werdegang?
Hauptsächlich spiele ich Geige, Gitarre und Klavier. Ich kann die Grundlagen am Schlagzeug und auch etwas Bass spielen, da hatte ich während meiner Gesangsausbildung Unterricht genommen. Mit sieben Jahren habe ich begonnen Geige zu spielen, Klavier und Gitarre kamen im Alter von 12 und 13 Jahren hinzu. Meine große Liebe zum Singen habe ich ein Jahr später entdeckt.
Ich war auf einem musischen Gymnasium im Taunus, wo ich die ersten zwei Jahre Unterricht am Cello bekam, habe nach meinem Abitur ein Jahr lang Musikwissenschaften und Skandinavistik neben einer Chorleiterausbildung am Konservatorium Frankfurt absolviert und bereits Klavierstunden gegeben, bis ich 2016 nach Dinkelsbühl an die Berufsfachschule für Musik gegangen bin. Dort habe ich meine professionelle Gesangsausbildung gemacht, im Nebenfach Klavier.
Heute bin ich freischaffende Künstlerin.
Welches Instrument spielst du momentan am liebsten und warum? Und welches Instrument würdest du wählen, wenn du dich für ein neues entscheiden würdest?
Am liebsten sitze ich am Klavier. Mit diesem Instrument kann ich mich am besten ausdrücken, obwohl die Geige auch einen sehr hohen Stellenwert bei mir hat.
Es gibt noch so viele schöne Instrumente zu entdecken, daher fällt mir die Wahl sehr schwer. Ich möchte auf jeden Fall wieder Schlagzeugunterricht nehmen, die Harfe würde mich auch sehr interessieren. Momentan habe ich leider nicht genug Platz, aber das wird sich im nächsten Jahr vielleicht ändern. Dann wird erst einmal gesammelt.
Du hast eine unglaublich schöne, starke Stimme. Was hat dir geholfen, deine Stimme weiterzuentwickeln? Hast du einen kurzen und einfachen Tipp für Gesangsschüler, worauf sie ganz bewusst achten können, um mehr aus ihrer Stimme herauszuholen?
Erst einmal vielen Dank! Es freut mich sehr das zu hören! 🙂
Worauf ihr auf jeden Fall achten solltet, ist die Haltung und richtiges Atmen. Darauf baut eine gute Technik auf. Oft scheitert es an der Atmung, da man hier nicht direkt dran denkt. Achtet darauf, dass ihr immer ordentlich und auch wirklich tief Luft holt. Meistens kann man noch viel tiefer einatmen, als man denkt! Und den Effekt dürftet ihr auch direkt hören. Probiert es doch mal aus!
Außerdem ebenso wichtig: Seid gut zu euch und stresst euch nicht. Achtsamkeit ist gerade beim Singen unglaublich wichtig, denn unsere Stimme hängt an unserem Körper. Leistungsdruck und Stress beim Musizieren kann einen in eine Krampfhaltung treiben und es ist wirklich schwer, diese wieder loszuwerden.
Das gilt selbstverständlich auch für andere Instrumente, allerdings wirkt sich bei uns Sängern die falsche Haltung oder ungesunde Anspannung direkt auf den Klang der Stimme und unser Wohlbefinden aus. Wir werden schneller heiser und haben nicht die Energie, die wir gerne aufbringen würden, um den nächsten hohen Ton richtig strahlen zu lassen.
Das Klavier ist neben deinem Gesang zentraler Bestandteil deiner Musik. Warum hast du dich entschieden, Klavier zu lernen? Was macht das Klavier für dich besonders? Und was bedeutet das Klavier für dich in Verbindung mit deinem eigenen Gesang?
Schon als ich klein war, stand ein Klavier in unserem Haus, doch niemand spielte darauf. Ich komme aus keiner Musikerfamilie, an Geburtstagen stellen wir bis heute die Geschenke auf dieses schöne Instrument. Es stand somit immer im Mittelpunkt, seit meiner Kindheit.
Bei keinem anderen Instrument passiert das, was ich am Schreiben so liebe. Ich greife einen Akkord und plötzlich erscheinen Farben in meinem Kopf. Diese Farben lassen mich eintauchen in eine ganz andere Welt, ich habe als Jugendliche Stunden an diesem Klavier verbracht. Jeden Tag habe ich mich nach der Schule an die Tasten gesetzt, jeden Tag bin ich in diesem Meer aus Farben verloren gegangen. Ich bin Synästhetikerin, das habe ich erst vor ein paar Monaten erfahren, denn mir war nicht bewusst, dass nicht jeder Farben beim Musizieren sehen kann.
Ich hatte mir daraufhin Klavierstunden gewünscht, die ich mir später mit Straßenmusik auch verdient hatte. Eines meiner Lieblingsstücke ist One Summer’s Day von Joe Hisaishi. Ihr kennt vielleicht den Film Spirited Away, es ist die Filmmusik dazu. Dieses Stück wollte ich immer spielen können und genau das war mein Ansporn, zu üben.
Singen war für mich schon immer sehr befreiend und das Natürlichste auf der Welt. In der Kombination mit dem Klavier fühlt es sich jedes Mal an wie ein Feuerwerk. Es macht mich unglaublich glücklich.
Seit meiner frühen Kindheit bin ich ein großer Fan der Band Evanescence. Bis heute bin ich begeistert von der Sängerin Amy Lee, von ihrer Stimme und von ihrem Klavierspiel. Mir gefällt die Farbe, die diese Band in mir auslöst. Es hat etwas Mystisches und Verträumtes, die Balladen sind unglaublich emotional. Amy Lee inspiriert mich bis heute.
Du unterrichtest ja auch Klavier, ein Instrument, das gerade am Anfang einiges an Geduld und Ausdauer erfordert. Welchen Tipp hast du für Klavierschüler, von Anfang an Spaß am Klavierspielen zu haben und sich diesen zu bewahren?
Geduld zu erlernen ist nicht ganz einfach. Hierfür braucht man einen guten Lehrer, der einen anleitet. Ein guter Lehrer wird seine Methoden geschickt in spielerische Übungen verpacken, sodass der Schüler es erst einmal vielleicht gar nicht merkt.
Vorbilder haben eine unglaublich starke Kraft auf junge Musiker. Bei mir waren es Filmmusiken wie One Summer’s Day oder die Band Evanescence, die mich sehr motiviert haben zu üben. Man sollte sich überlegen, warum man dieses Instrument denn lernen möchte.
Ein Kind äußert diesen Wunsch vielleicht, weil eine Mitschülerin ein Weihnachts- oder Kinderlied spielen konnte, oder weil es den Opa hat spielen hören. Ein Erwachsener hört vielleicht gerne Mozart oder hat ebenfalls eine Band im Kopf, die ihn begeistert.
Der Spaß steht und fällt aber auch oft mit dem Lehrer. Hier solltet ihr auch wirklich schauen, ob euer Lehrer zu euch passt. Sollte es keinen Spaß mehr machen, dann würde ich nicht aufhören Klavier zu lernen, sondern nach einem geeigneteren Lehrer Ausschau halten. Oder den Lehrer darauf ansprechen, mal etwas Neues auszuprobieren.
Ich empfehle unbedingt, Unterricht zu nehmen, da man sich auch schnell mal eine falsche Haltung angewöhnen kann. Damals hatte ich mir die ersten Stücke via YouTube beigebracht und mir eine Sehnenentzündung in beiden Armen zugezogen. Die sollte sobald nicht verschwinden und es hat auch sehr lange gedauert, mir diese Fehlhaltung wieder abzutrainieren. Das habe ich erst acht Jahre später so richtig verinnerlicht gehabt.
Seit wann ist klar, dass du von Beruf Musikerin sein möchtest und warum hast du dich dafür entschieden? Was machst du von deinen vielfältigen musikalischen Tätigkeiten, eigene Songs schreiben, aufnehmen, auftreten, unterrichten, besonders gerne, was weniger gerne?
Ich wusste schon mit 12 Jahren, dass ich Berufsmusikerin werden möchte. Damals dachte ich, es wäre nur ein Traum und ich würde mal Biologin werden. Durch tägliche Straßenmusik und meine erste Band, der ich mit 14 Jahren beigetreten bin, habe ich unglaublich schönes Feedback von Zuschauern bekommen. Seither war ich jedes Wochenende mit Bands unterwegs und habe zahlreiche Konzerte gegeben.
Damals hatte ich noch keine eigenen Songs geschrieben, allerdings mit dem Komponieren angefangen. Ich dachte, vielleicht werde ich auch einmal Komponistin für Filmmusik. Nach meinem Abitur habe ich mich an verschiedenen Hochschulen beworben, studiert und war am Konservatorium in Frankfurt. Ich wusste nicht, ob ich eine Aufnahmeprüfung schaffe, wollte es aber unbedingt ausprobieren. Hätte es nicht geklappt, wäre ich entweder Richtung Game Design gegangen oder hätte Biologie studiert. Musik hätte ich aber trotzdem nicht aufgegeben, man braucht nicht unbedingt ein Studium, um als Sängerin damit Geld zu verdienen.
Was ich heute wirklich sehr gerne mache: Ich setze mich morgens mit einem Kaffee an mein Klavier, spiele Stücke von Joe Hisaishi oder schreibe selber an eigenen Kompositionen und Songs. Das ist meine Lieblingszeit am Tag, die ist nur für mich alleine. Ich liebe es aufzutreten, mit meiner Band A Purple Sky zu proben und neue Sounds an meinem Keyboard zu entdecken. In meinem Homestudio nehme ich zurzeit viel auf und probiere vieles aus, arrangiere für die Geige und überlege mir, wie ich meine Musik visuell umsetzen kann.
Ich habe keine eine Lieblingsaufgabe, es ist die Mischung aus all diesen Dingen, die ich wirklich sehr an meinem Alltag schätze. Momentan arbeite ich an unserem kommenden Album Journey Pt.II, meiner Band A Purple Sky. Ich erstelle das Konzept, arrangiere die Songs mit meinem Partner und Gitarristen unserer Band Shawn Enigma und werde bald in die Planung der neuen Musikvideos gehen.
Auch das Unterrichten gibt mir sehr viel zurück. Es ist so schön zu sehen, welche Fortschritte meine Schüler durch meine Anleitung machen. Es macht einfach sehr viel Spaß. Rechnungen schreibe ich allerdings nicht so gerne. Ich freue mich zwar sehr, dieses Geld in neues Equipment investieren zu können, allerdings beschäftige ich mich nicht so gerne mit Zahlen.
Noten, Akkordsymbole oder ganz nach Gehör – was ist dir am liebsten? In welcher Form schreibst du deine Songs auf?
Meine Songs und Stücke notiere ich, wenn sie komplett fertig sind, immer aus. An meinem Klavier steht immer ein Block, in den ich Akkordsymbole und Texte reinschreibe. Bei meinen Klavierstücken schreibe ich nie etwas auf, mir ist es schon immer leichtgefallen, mir neue Ideen zu merken.
Wenn ein Formteil ausgearbeitet wird, nehme ich den aber auch gerne mit meinem Handy auf, um ihn mir beim Spazierengehen anzuhören und zu überlegen, woran ich noch feilen könnte.
Woher kommen die Ideen für deine Songs und was machst du, wenn du einmal nicht so kreativ bist?
Meine Ideen kommen oft aus dem Alltag. Es sind Dinge, die mich beschäftigen, über die ich viel nachdenke. Manchmal sind es auch Wünsche. Ich setze diese Ideen immer gerne in neue Kontexte, die ich mir ausdenke. Mein Ziel ist es, dass sich jeder Hörer in meinen Songs wiederfinden kann und nicht meine Geschichte aufgebunden bekommt.
Wenn ich mal nicht so kreativ bin, dann verbringe ich gerne Zeit mit meinen Freunden, gehe spazieren und mache Sport. Momentan spiele ich wieder Skyrim, das streame ich auch auf Twitch, und tausche mich mit meiner Community aus. Das hilft mir immer sehr, die Batterie wieder aufzufüllen.
Danach kommt meistens ein kreativer Schub, die Ideen schreibe ich dann alle auf und arbeite mich an der Liste entlang. Dabei entstehen auch oft noch mehr Ideen, oder sie verändern sich, bis etwas dabei herauskommt, was ursprünglich nicht geplant war. Sowas finde ich immer sehr schön.
Das kann auch mal länger dauern, bis wieder so ein Schub kommt, aber das ist auch in Ordnung. Wenn mein Körper Ruhe braucht, dann bekommt er diese auch.
Wie machst du aus einer ersten Idee einen vollständig ausgearbeiteten Song? Was überlegst du dir zuerst, Harmonien, die Melodie oder den Text?
Manchmal ist es eine Textzeile, manchmal eine Melodie. Ich setze mich auch oft ans Klavier und haue einmal in die Tasten und schaue, was ich spontan gegriffen habe. Sobald ich einen Akkord spiele, geht das Farbenspiel in meinem Kopf los. Ich bleibe kurz bei dem ersten Akkord und weiß durch die Farben meistens, wo ich als nächstes hinmöchte. Es fühlt sich oft an wie ein Tagtraum und funktioniert nur, solange ich mich mit den Harmonien befasse. Beim Texten muss ich mich mehr konzentrieren, da gehen die Farben wieder etwas verloren.
Wenn ich mit dem Text beginne, dann oft mit einem Satz. Ich schreibe alles auf, was mir zu dem Thema einfällt und reduziere die verschiedenen Sachen auf die Aussagen, die mir am besten gefallen. Wenn ich die ersten vier Verse habe, dann setze ich mich oft schon ans Klavier oder die Gitarre und suche nach einer passenden Begleitung.
Ich finde, es klingt unglaublich kompliziert, wie ich meine Herangehensweise beschreibe, allerdings ist es in den Momenten, in denen ich schreibe, das Natürlichste und Einfachste der Welt. Ich denke nicht so viel nach und mache einfach. Das schaue ich mir dann an, wenn es passt, dann passts und wenn nicht, dann ändere ich etwas. Den Text arbeite ich erst richtig aus, wenn der Rest steht. Das fällt mir leichter als umgekehrt.
Wie gehst du beim Aufnehmen eines Songs vor? Wie bereitest du dich auf einen Studiotag vor und was ist bei der Arbeit im Studio und bei der Nachbearbeitung wichtig?
Ich nehme alle Instrumente nacheinander auf, da ich vieles auch selbst einspiele. Auf meinem Debütalbum From Another World bin ich an Klavier, Gitarre, Geige und Gesang zu hören. Ich übe bereits Monate vorm Tonstudio, um auch wirklich alles exakt und so perfekt wie möglich einspielen zu können. Dafür habe ich im letzten Jahr täglich zwei bis vier Stunden vor allem an meiner Gesangstechnik und an meinem Klavierspiel gearbeitet.
Mir ist es sehr wichtig, dass meine Aufnahmen professionell verarbeitet werden. Ich habe einen Engineer fürs Mixing und einen fürs Mastering. Das Editing habe ich überwiegend selbst in die Hand genommen. Es ist bemerkenswert, was die beiden aus meinen Aufnahmen rausgeholt haben.
Ich kenne auch viele Musiker, die selbst mischen und mastern, allerdings kann ich euch nur empfehlen, es professionell machen zu lassen. Hätte ich das selbst in die Hand genommen, und ich kenne mich auch ein bisschen aus, dann hätte es nicht annähernd so schön geklungen.
Herzlichen Glückwunsch zu deinem wirklich gelungenen Album From Another World! Worum geht es darin inhaltlich und wie würdest du deine Musik beschreiben?
Vielen lieben Dank! 🙂
Inhaltlich habe ich in diesem Album sehr viel Persönliches verarbeitet. Ich habe seit ein paar Jahren starke Entzündungen im Rücken, die mich beim Singen und Musikmachen extrem einschränken. Diese wurden durch enormen Stress verursacht, dem ich mich teilweise selbst durch Leistungsdruck ausgesetzt habe.
Vorweg möchte ich euch erzählen, dass es mir heute viel besser geht und dass ich einen Weg gefunden habe, die Schmerzen zu lindern und sogar (fast) loszuwerden. Daran arbeite ich noch, ich bin aber sehr zuversichtlich! Nicht so wie damals, denn ich wusste gar nicht, woher das kommt und ob es jemals weggehen würde.
Bevor Corona losging, war ich praktisch in einem eigenen kleinen Lockdown. Ich habe kaum meine Wohnung verlassen, weil es mir durch die Schmerzen, die ich hatte, sehr schlecht ging. Mein letztes Ausbildungsjahr habe ich mich damit rumgeschlagen und ich wusste nicht, wo es hingehen soll, ob ich überhaupt noch das Zeug dazu hatte, eine Berufsmusikerin zu werden. Mir wurde von meinen Ärzten auch geraten, einfach etwas anderes zu machen.
Diese fürchterlichen Gedanken gingen mir nicht aus dem Kopf, ich wollte einfach nur gesund werden. Zu diesem Thema sind regelmäßig und ungefragt viele Kommentare gefallen.
„Geh doch mal raus spazieren, dann wird das schon wieder.“
„Du bist zu emotional.“
„Du willst ja gar nicht, dass es besser wird.“
Das betraf auch die Musik, die ich damals geschrieben habe.
„Das ist aber schwermütig.“
„Viel zu melancholisch.“
„Nicht kommerziell genug, um damit Erfolg zu haben.“
„Schreib doch mal was Fröhliches.“
Oder mein persönlicher Favorit. Nicht.
„Lache und die Welt lacht mit dir, weine und du weinst allein.“
Ich bin auch nicht kritikfähig, wenn man nach diesen Sprüchen geht, denn ich bin mir und meiner Musik bis heute treu geblieben. Außerdem bin ich ein sehr lebensfroher Mensch. Doch wie soll man das zum Ausdruck bringen, wenn einem alles wehtut, selbst das Atmen. Das war schrecklich, aber keine persönliche Entscheidung, nicht mehr aufstehen zu wollen, faul zu sein, ganz im Gegenteil.
Es war einfach ein Alptraum, aus dem ich aufwachen wollte. Ich habe mich sehr lange sehr einsam gefühlt und durch die Schmerzen konnte ich kaum singen oder Klavier spielen. Das waren immer die zwei Dinge, die mir geholfen haben, aus dem Alltag zu fliehen. Ich habe mich so sehr nach Ruhe gesehnt.
Dann ist im Sommer 2019 mein Song Infinite einfach passiert. Wenn ich diesen Song singe, dann bin ich an diesem Ort der Ruhe endlich angekommen. Meine Insel in diesem ganzen Chaos. Und dann dachte ich an eine andere Welt voller Frieden, wunderschön, wie ein Paradies. Da kommen auch noch wundervolle Musikvideos, die diese Stimmung perfekt unterstreichen. Mit der Hilfe eines Crowdfundings sind wir nach Dänemark gefahren und haben einige Songs dort verfilmt.
Ich finde es sehr schwer, meine Musik zu beschreiben. Beim Schreiben habe ich mir oft ein Meer voller Sirenen vorgestellt. Es ist definitiv auch etwas Cinematisches, aber auch wie Evanescence, nur in Acoustic. Und ich verspreche euch, diese Musik hat die Kraft, euch diese Ruhe zu schenken, wenn ihr euch darauf einlasst. Meine Stücke und Songs sind nicht so kurz, wie wir es heutzutage von anderen Künstlern gewohnt sind. Aber ich liebe diese Musik, jeden einzelnen Ton. Das bin zu 100 % ich.
Zum Song Moody hast du ein faszinierendes Unterwasservideo gedreht, Kompliment! Wie bist du darauf gekommen und wieso hast du gerade diesen Song dafür ausgewählt?
Auch hier, vielen lieben Dank! Auf die Idee kam ich eines Nachts, als ich mal wieder nicht schlafen konnte. Ich dachte, wenn ich eh wach bin, dann kann ich auch einfach baden gehen. Das habe ich getan und dabei habe ich mir die Skizze von Moody auf meinem Handy angehört.
Nachts an Songs zu arbeiten, das hat wirklich etwas Magisches. Die Stimmung, wenn alles schläft, das ist so unglaublich inspirierend.
Schon im Intro habe ich mich in einer Unterwasserwelt wiedergefunden. Der Song entstand vor der Idee, ein Unterwasservideo zu drehen. Somit hat sich die Musik diese Kulisse selbst ausgesucht. Ich habe viele dunkle Farben gesehen, eine Mischung aus Schwarz, Grün und Lila.
Was war für dich die spannendste Erfahrung und was die größte Herausforderung beim Singen und Drehen unter Wasser? Hattest du gar keine Angst, nicht genug Luft zu bekommen?
Tatsächlich hatte ich am meisten Angst vor der Dunkelheit, denn die 16 x 10 m große schwarze Teichfolie hat sämtliches Licht geschluckt. Meine guten Freunde Manu und Julia, zwei von vier Tauchern, haben auf mich aufgepasst. Auf ein Handzeichen hin hat mir Manu immer Luft zum Atmen gegeben, ich hatte keine Angst, ich vertraue ihm.
Hierfür hatten wir ein Mundstück der Taucherflasche an einem langen Holzstab befestigt, damit er nicht immer ins Bild und wieder hinausschwimmen musste. Das hat hervorragend funktioniert, auf meinem YouTube Kanal gibt es dazu auch ein Video:
Am spannendsten fand ich den ersten Tauchgang. Da sollte sich herausstellen, ob ich diese Aufgabe nun schaffe, oder nicht. Das Becken war 3,5 m tief und am Anfang stand das Klavier noch nicht am Grund. Somit war wirklich alles schwarz, als wir unten ankamen. Ich habe die Orientierung verloren, wo oben und unten ist, ich konnte nichts sehen, alles war verschwommen.
Dort unten zogen mich die vier Taucher an die Stelle, an der ich gefilmt werden sollte. Das war total komisch, Unterwasser kann man ja auch nicht sprechen. Ich habe einfach die Augen geschlossen, bis ich wieder hochgezogen wurde. Wir wollten die Kamera richtig einstellen, das war also nur ein Probetauchgang gewesen, noch bevor ich in die Maske kam.
Als später das Klavier am Grund stand, hatte ich keine Angst mehr. Ich muss sagen, es war schon super nice und faszinierend, dass ich mit dem Klavier gar kein Problem mehr hatte, dort unten zu bleiben. Ich wäre am liebsten immer dort unten gewesen, nach einer Weile war es das Natürlichste der Welt.
Hat sich der aufwändige Dreh unter Wasser für dich gelohnt? Ist das Video so geworden, wie du es dir vorgestellt hast?
Das Video ist ganz anders geworden, als ich es mir in der Nacht, wo ich auf die Idee kam, vorgestellt hatte. Ursprünglich wollte ich nur mein Profil und Portrait Unterwasser filmen. Dass wir ein Klavier versenken durften, wusste ich erst eine Woche vor dem Dreh, da wir relativ spontan dieses Hallenbad fanden, welches abgerissen werden sollte. Die Vorbereitungen mussten sehr schnell gehen.
Ich bin unglaublich zufrieden mit dem Ergebnis. Es ist viel schöner geworden, als ich es mir ursprünglich gedacht habe. Und diese Nacht im Schwimmbad war eine unvergessliche Aktion. Wir hatten alle sehr viel Spaß.
Passend zu deiner Musik kreierst du auch bei deinem äußeren Erscheinungsbild einen ganz persönlichen, ausdrucksstarken Stil. Woher kommen die Ideen dafür?
Seit meiner frühen Kindheit bin ich ein großer Fantasyfan. Ich liebe Mittelaltermärkte, Fantasyromane, Videospiele wie Skyrim, Zelda, Spyro, die Liste ist lang… Tatsächlich seht ihr hier mein inneres Kind. Ich wäre am liebsten in einem Universum voller Magie, Drachen und anderen Abenteuern aufgewachsen. Dass ich mich in dieser Richtung mal als Musikerin ausleben würde, das hätte ich niemals gedacht.
Dieser Look ist auch erst im November 2020 entstanden und wurde dann 2021 umgesetzt. Ich liebe die Mischung aus dem starken und kriegerischen Make-up im Kontrast mit meiner zarten Musik.
Was planst und wünschst du dir für 2022 und was für die nächsten 5 Jahre?
Ich möchte mit meinen beiden Projekten mehr auftreten. Mit meiner Band A Purple Sky gehen wir nächstes Jahr wieder ins Tonstudio und als Solistin möchte ich meine neuen Stücke und Songs weiter ausarbeiten und aufnehmen. Ich werde über das ganze nächste Jahr meinen YouTube Kanal ausbauen und da wünsche ich mir, dass dort eine Community wächst, die für meinen Tribe genauso brennt wie ich.
In den nächsten fünf Jahren möchte ich viel reisen, aufnehmen und spannende Künstler kennenlernen und auf großen Bühnen stehen. Ich wünsche mir sehr, dass ich meine Gesundheit weiterhin im Griff habe und meine Schmerzen nicht mehr in unkontrollierten Schüben kommen. Das ist die Voraussetzung, um wieder ordentlich auftreten zu können. Aber das bekomme ich definitiv hin. Das weiß ich. 🙂
Vielen Dank, Marliina, für das Interview!
Herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung der Fragen für die Leser von Musikbegeisterung. Mehr zu Marliina erfahrt ihr auf ihrer Website. Alles Gute, viel Erfolg und Kreativität, Marliina, für alle deine weiteren musikalischen Projekte!
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Fotos: Elmas Bagci