Nach Gehör spielen: Bunte Notenzeilen mit Noten strömen in ein Ohr
Ein Musikinstrument spielen | Fähigkeiten

Nach Gehör spielen: Lerne in 2 Schritten, worauf es ankommt

17. Januar 2022

Es macht großen Spaß, einen Song, den du gehört hast, selbst nachzuspielen. Und das ohne Noten, die du womöglich sowieso nur mit Mühe richtig lesen könntest. Außerdem ist es, gerade wenn du bisher nur nach Noten gespielt hast, eine tolle Erfahrung, dass es auch ohne geht. Aber wie nach Gehör spielen? 

Es ist einfach faszinierend, wenn die Hände, ohne dass du groß anfängst zu denken, die Melodie wie von selbst finden. Bei manchen Songs klappt das nach Gehör Spielen ganz gut, bei anderen irgendwie gar nicht. Und ich habe lange nicht verstanden, woran das eigentlich liegt. Vielleicht geht es dir ähnlich?

Es lohnt sich sehr, der Sache auf den Grund zu gehen. Worauf kommt es also an, wenn du nach Gehör spielen möchtest?

Dafür gibt es zwei wichtige Voraussetzungen, die ich dir erklären möchte:

Erstens, du musst die Melodie im Ohr haben. Und zweitens, du musst in der Lage sein, diese auf dein Musikinstrument zu übertragen.

Wenn eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt ist, funktioniert es nicht. Lange habe ich nicht erkannt, wie essentiell wichtig gerade der erste Punkt ist.

1. Die Melodie kennen, und zwar so richtig

Dieser Punkt mag dir auf den ersten Blick vielleicht als selbstverständlich erscheinen. Natürlich kannst du eine Melodie nur nachspielen, wenn du sie auch kennst!

Das Problem ist nur, dass wir manchmal denken, wir wüssten die Melodie. In Wirklichkeit wissen wir sie oft aber nur so ungefähr!

So wirst du einen Song nie nachspielen können. Oder es wird immer an der Stelle, die du nicht richtig kennst, nicht mehr funktionieren. So einfach ist das.

Eine Melodie nachzuspielen, die du nicht im Ohr hast, funktioniert nicht. Genauso wenig, wie eine Kopie von einem Text zu machen, für den du keine Vorlage für das Kopiergerät hast.

Mach den Test: Singe!

Ob du die Melodie im Ohr hast, kannst du leicht testen: Versuche, die Melodie zu singen oder zu summen.

Wenn du das kannst, hast du die Melodie im Ohr. Deine Vorlage zum Wiedergeben auf deinem Musikinstrument ist also vorhanden. Damit ist die erste Voraussetzung zum Spielen auf deinem Musikinstrument erfüllt.

Wenn du aber beim Singen merkst, dass du manchmal nicht weißt, welcher Ton genau eigentlich als nächstes kommt, dann brauchst du gar nicht erst probieren, die Melodie mit deinem Musikinstrument zu spielen.

Selbst wenn du die Übertragung der Töne auf dein Instrument perfekt beherrschst, wirst du die Melodie nicht nachspielen können, weil die Vorlage in dir nicht vorhanden ist.

Lerne die Melodie kennen

Wenn du die Melodie teilweise im Ohr hast, kannst du zwischendrin improvisieren und den Song ungefähr hinbekommen, was dir manchmal vielleicht schon reicht.

Aber wenn du einen vollständigen Song nach Gehör spielen möchtest, musst du daran arbeiten, die Melodie besser ins Ohr zu bekommen.

Also hör dir den Song öfter an, höre bewusst zu, versuche mitzusingen oder zu summen und starte dann einen neuen Versuch, die Melodie ohne gleichzeitiges Anhören zu singen. Du kannst, auch während du spielst und die nächsten Töne suchst, mitsummen, damit du weißt, wo du mit der Melodie hinwillst.

Natürlich eignen sich hierfür am besten Musikinstrumente, bei denen du den Mund nicht zum Spielen brauchst. Aber auch für Bläser ist das am Anfang keine schlechte Variante. Mach einfach zum Lernen der Melodie zwischendrin Pausen.

Erst wenn du die Melodie wirklich verinnerlicht hast, hast du eine Chance, sie auf dein Instrument zu übertragen.

2. Die Übertragung auf dein Musikinstrument

Du weißt vielleicht ganz genau, wie der Song klingt, kannst ihn auch singen, aber wenn du dein Musikinstrument in die Hand nimmst, bekommst du den Song irgendwie nicht hin.

Das ist am Anfang ganz normal und die gute Nachricht ist, du kannst es ändern! Nach Gehör spielen kannst üben.

Und ich finde es sehr sinnvoll, das von Anfang an parallel zum Notenlesen auch zu tun. Im Musikunterricht wird das oft vernachlässigt. Allerdings kannst du nach Gehör spielen auch sehr gut für dich alleine üben.

Nach Gehör spielen ausprobieren

Nimm dir also einen Song, der dir gefällt und den du gut kennst, und fang einfach einmal an, die Melodie zu spielen. Du darfst hier ruhig nach dem Prinzip „Trial and Error“ arbeiten. Also leg einfach los und fang an, auszuprobieren.

Hier geht es (noch) nicht um das fehlerlose Nachspielen eines kompletten Songs. Wenn es dir schwer fällt, probiere Ton für Ton aus, welcher als nächstes kommt.

Große Intervalle werden dir schwerer fallen, als kleine. Das ist ganz normal. Aus falschen Tönen lernst du die richtigen zu finden.

Wenn du kurze Phrasen auf deinem Instrument gefunden hast, wiederhole sie so oft, bis sie dir leicht fallen. Vielleicht hast du bald schon die Melodie der Strophe zusammen. Mit dem Refrain machst du es dann genauso. Bald wirst du eine zusammenhängende Melodie ohne Noten spielen können.

Nicht zu viel denken

Wenn du nach Gehör spielen möchtest, ist es wichtig, dass du nicht zu viel dabei denkst. Versuche auf keinen Fall dir im Kopf Noten oder Griffe vorzustellen!

Die Übertragung einer Melodie geht direkt in die Motorik, in deine Finger. Der Weg über das Denken ist zu lang und eignet sich höchstens für einen einzelnen Ton, z. B. bei einem sehr großen Intervall, wenn du diesen Ton wiederholt unsicher spielst.

Was du spielst ist nicht vor dir, sondern in dir! Nach Gehör spielen ist eine tolle Erfahrung und ich empfehle jedem, der bisher nur nach Noten gespielt hat, das einfach einmal auszuprobieren.

Nach Gehör spielen üben – immer und immer wieder!

Beim Spielen nach Gehör ist es genauso wie bei anderen Dingen im Leben, die du lernen möchtest. Du musst es immer und immer wieder üben, um besser darin zu werden. Am Anfang kann es wirklich hart sein. Denn du denkst vielleicht, du kannst schon ganz gut spielen. Aber es geht eben nur mit Noten.

Ohne Noten fühlst du dich dann plötzlich wie ein absoluter Nichtskönner. Äußerst verständlich, dass das nicht gerade Laune macht.

Du solltest dir aber bewusst machen, dass das ganz normal ist, wenn du am Anfang von etwas Neuem stehst. Das Spielen nach Gehör ist eine eigene Disziplin, die du erst erlernen musst. Genauso, wie du vielleicht lernen musstest, nach Noten zu spielen.

Und wenn dir das klar ist und du dein Ziel vor Augen hast und weißt, warum du dorthin kommen möchtest, befeuert das deine Motivation!

Zur Aufmunterung hier außerdem noch ein weiterer kleiner Hinweis: Auch wenn der Zugang zum Musikmachen beim Spielen nach Gehör ein völlig anderer ist, hilft es dir, wenn du dein Musikinstrument prinzipiell beherrschst. Denn die technischen Grundlagen zum Spielen deines Instrumentes benötigst du immer, egal ob mit Noten oder ohne. Du fängst also in keinem Fall bei Null an!

Lass das Nach-Gehör-Spielen zur Routine werden!

Lass das Spielen nach Gehör zu deiner Routine werden, indem du es in dein regelmäßiges Übeprogramm integrierst. 

Ja, ich weiß, wenn man ein Stück nach Noten von vorne bis hinten geübt hat, vielleicht über mehrere Seiten hinweg, dann ist das Geübte klar sichtbar.

Beim Üben des Nach-Gehör-Spiels siehst du nicht, was du gespielt und geübt hast. Allerdings solltest du für dich anerkennen, dass du dabei nicht weniger geleistet hast.

Und zweitens weiß ich auch, dass man oft die Stücke spielt, die gerade dastehen. Die Notenblätter. Es ist manchmal wie eine Erinnerung, wenn da noch die Noten von gestern stehen. Und wie eine Aufforderung, sie einfach wieder zu spielen.

Vielleicht hilft es dir, so eine Erinnerung auch für das Spielen nach Gehör zu hinterlassen. Vielleicht ein Blatt, auf das du Nach Gehör spielen schreibst, vielleicht noch mit ein paar Songvorschlägen.

Beim Klavier sind Chordsheets eine wunderbare Einladung, die Melodie zu den Akkorden nach Gehör zu finden. So habe ich sozusagen nebenbei und aus der Not der fehlenden Noten heraus die Melodiefindung nach Gehör trainiert.

Bei Melodieinstrumenten kann es helfen, sich schöne Aufnahmen bestimmter Songs rauszusuchen und die Melodie mitzuspielen. Das macht oft mehr Spaß und ist ein größerer Ansporn, als wenn du ohne Begleitung spielst. Falls du natürlich einen anderen Musiker hast, der dich begleitet, umso besser!

Deine Vorteile beim Spielen nach Gehör

Faszinierender Lernprozess und ein lohnendes Ziel

Wenn du das Spielen nach Gehör trainierst, lernst du viel über dich, deine Musikalität und deine Beziehung zu deinem Musikinstrument. Durch diese Fähigkeit verbindest du dich stärker mit deinem Instrument und ebnest dir einen direkteren Zugang zur Musik, bei dem keine Noten dazwischenstehen.

Da entwickelt sich etwas in dir, was sich ein wenig wie Magie anfühlt. Ich kann dir nur empfehlen, dich auf diese spannende Reise zu begeben.

Es ist einfach ein tolles Gefühl, eine Melodie, die du gehört hast, eben einmal auf deinem Instrument nachzuspielen. Einfach so, weil sie dir in den Sinn gekommen ist und du gerade Lust darauf hast. Das ist ein Stück Freiheit!

Deine Rettung bei fehlender Notengrundlage!

Sich Noten zu beschaffen zu einem bestimmten Song ist manchmal gar nicht so einfach. Ab und zu auch unmöglich. Manchmal gibt es einfach nichts. Vielleicht möchtest du aber trotzdem so unglaublich gerne genau diesen einen tollen Song spielen?

Mit dem Spielen nach Gehör kannst du dir diesen Wunsch erfüllen!

Äußerst nützlich ist ein gutes Nach-Gehör-Spiel auch für das Mitspielen bei Jam Sessions. Eine Notengrundlage ist hier nicht selbstverständlich. Oder es gibt zwar eine ausnotierte Melodielinie, aber vielleicht nicht für dein transponierendes Instrument. Wenn du gut im Spielen nach Gehör bist, kannst du die Melodie eines bekannten Songs trotzdem spielen.

Das Spielen nach Gehör macht dich in den verschiedensten Situationen zu einem flexibleren Musiker!

Nach-Gehör-Spiel macht dich zu einem besseren Musiker

Das Spielen nach Gehör macht dich ganz generell du einem besseren Musiker an deinem Instrument. Die Fähigkeiten, die du dir dabei aneignest, helfen dir auch für andere Disziplinen.

Auf jeden Fall für die eng verwandte Disziplin des Improvisierens. Mit einem besseren Nach-Gehör-Spiel gibst du auch selbstkreierte Melodien leichter auf deinem Instrument wieder.

Und selbst für das Notenlesen verschafft dir ein gutes Nach-Gehör-Spiel einen Vorteil. Denn auch hier trägt deine Hörerwartung zum Finden der entsprechenden Töne bei!

Wie du also siehst, lohnt es sich gleich in mehrfacher Hinsicht, das Spielen nach Gehör zu trainieren! Worauf wartest du also noch?

Lass mich wissen, welche Erfahrungen du zum Spielen nach Gehör gemacht hast. Möchtest du weitere musikalische Experimente wagen? Vielleicht Songbegleitung mit Akkorden auf dem Klavier? Hier findest du noch mehr spannende Tipps zum Ausprobieren.

👉 Weiterlesen: So spielst du mit mehr Spaß!

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Kommentare

  1. Ich möchte noch als Erwachsene Geige spielen lernen. Interessant, dass man beim Spielen auch auf das Gehör und die Melodie achten sollte. Ich werde mir zum Üben auch eine qualitative Geige kaufen.

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